Eigenheim und Unterhalt
Zur unterhaltsrechtlichen Behandlung einer eigenen und selbst genutzte Immobilie (Eigentumswohnung oder Haus) hat der BGH in seiner Entscheidung XII ZB 118/16 für den Elternunterhalt geklärt, ob Tilgungsleistungen auf das Immobiliendarlehen als private Altersvorsorge zu werten sind oder nicht. Ergebnis: Der BGH verneint eine Anrechnung von Tilgungsleistungen für ein Immobiliendarlehen bis zum Wohnwert.
Der BGH hat in seiner Gerichtsentscheidung XII ZB 118/16 die Fragen geklärt, ob die Tilgungsleistungen für ein Immobiliendarlehen bereits als private Altersvorsorge anzusehen sind oder ob dem Unterhaltspflichtigen neben den Tilgungsleistungen zusätzlich noch die vollen 5 % für eine private Altersvorsorge neben den Tilgungsleistungen zur Verfügung stehen.
Rechtlicher Hintergrund:
Altersvorsorge
Der Unterhaltsverpflichtete darf neben der gesetzlichen Rentenversicherung beim Elternunterhalt weitere 5 % seines Bruttoeinkommens für seine private Altersvorsorge verwenden. Bei der Anlageentscheidung, wie er diese private Altersvorsorge betreibt, ist der Unterhaltspflichtige weitestgehend frei. Entscheidend für die unterhaltsrechtliche Berücksichtigung einer privaten Altersvorsorge ist jedoch, dass der Unterhaltspflichtige die Altersvorsorge tatsächlich betreibt, also monatlich von seinen Einkünften Geld zur Seite legt.
Wohnwert
Bei einer eigenen, selbstgenutzten Immobilie wird unterhaltsrechtlich gefragt, ob der Eigentümer billiger als ein Mieter wohnt. Das ist dann der Fall, wenn die für die Immobilie erzielbare Marktmiete höher ist als die Belastungen, die der Eigentümer tragen muss (also meist Zins- und Tilgungsleistungen für ein Darlehen). Erspart sich der Eigentümer im Vergleich zu einer Anmietung der Immobilie etwas, spricht man im Unterhaltsrecht von einem Wohnwert. Der Wohnwert ist also die Differenz aus Marktmiete minus nicht auf den Mieter umlegbarer Kosten des Eigentümers. Dieser Wohnwert wird im Unterhaltsrecht als geldwerter Vorteil angesehen und wie Einkommen behandelt.
Zu entscheidende Frage Darlehenskosten
Der BGH hatte jetzt für den Elternunterhalt zu klären, was als Kosten bei der Bestimmung des Wohnwertes abziehbar ist. Sind das nur die Darlehenszinsen? Oder auch die Darlehenstilgung? Oder können als 3. Variante Tilgungsleistungen nur bis zu einer gewissen Grenze abgezogen werden.
Dazu ist generell anerkannt, dass die Darlehenszinsen natürlich Kosten sind. Tilgungsleistungen auf das Darlehen stellen dagegen keine Kosten im eigentlichen Sinn dar, sondern dienen der Abtragung des Darlehens und damit der Vermögensbildung.
Der BGH hat sich beim Elternunterhalt dennoch, soweit das Darlehen bereits bestand, bevor der unterhaltsberechtigte Elternteil pflegebedürftig geworden ist, dazu entschieden, dass die Tilgungsleistungen bis zur Grenze bei der Zins und Tilgung den Wohnwert erreichen, noch nicht auf die private Altersvorsorgequote von 5 % angerechnet werden.
Beispiel:
Der unterhaltspflichtige Sohn bewohnt mit seiner Ehefrau eine im gemeinsamen Eigentum stehende Immobilie mit 200 qm. Beide Ehegatten sind berufstätig und verdienen beide ca. 6.500 € brutto pro Monat. Die Immobilie könnte für 2.000 € (kalt) vermietet werden. Zur Finanzierung der Immobilie wurde, bevor die Mutter des unterhaltspflichtigen Sohnes pflegebedürftig wurde, ein Darlehen aufgenommen. Für das Darlehen bezahlen die Ehegatten 2.500 €, die sich aufteilen wie folgt: 1.500 € Zinsen und 1.000 € Tilgung.
Lösung:
Für die Immobilie wird kein Wohnwert angesetzt (2000 € - 2500 € = - 500 €).
Weil die Tilgungsleistungen der Ehegatten den Wohnwert übersteigen, findet eine Anrechnung auf die private Altersvorsorgequote des unterhaltspflichtigen Sohnes statt. Die Tilgungsleistungen übersteigen mit 500 € den Wohnvorteil. Die Tilgungsleistungen werden auf beide Ehegatten hälftig aufgeteilt, sodass der unterhaltspflichtige Sohn 250 € auf seine private Altersvorsorgequote von 5 % (aus seinem Bruttoeinkommen) angerechnet bekommt.
Für weitere private Altersvorsorge kann der unterhaltspflichtige Sohn deshalb monatlich unterhaltsrechtlich noch zu berücksichtigende 75 € aufwenden.
6.500 € x 5 % = 325 € (= max. zulässige private Altersvorsorge)
325 € - 250 € = 75 € (= monatl. verbleibende max. zulässige priv. Altersvorsorge)
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